đŸ‡©đŸ‡Ș Salome: Erwachende SexualitĂ€t, die ĂŒber Leichen geht

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Salome ist ein heranwachsendes MĂ€dchen, die ihre erotisierende Ausstrahlung auf Stiefvater Herodes (exzellent mit schneidendem Charaktertenor: Michael Hendrick) und den gesamten Hofstaat nicht nur im Schleiertanz gezielt einsetzt.

Bei der Oper “Salome” kommen Gastdirigenten zum Einsatz, die sich um die Position des Generalmusikdirektors in Wuppertal bewerben. Von Stefan Schmöe
An der verteufelt schwierigen Partitur sollte sich die QualitĂ€t eines Dirigenten tatsĂ€chlich schnell zeigen. Ob das auch ein besucherfreundliches Auswahlverfahren ist? FĂŒr die Premiere jedenfalls hĂ€tte Ari Rasilainen durchaus noch ein paar zusĂ€tzliche Proben fĂŒr die musikalische Feinarbeit gebrauchen können. Zwar hielt er, das ist bei dieser Oper nicht wenig, Orchester und SĂ€nger umsichtig und in den LautstĂ€rken sorgfĂ€ltig differenziert zusammen und gestaltete ein paar knallige Steigerungen. Im Detail aber klang manches noch ziemlich unausgereift.

Die psychologisierende Inszenierung von Michiel Dijkema könnte eine noch genauere musikalische Zuspitzung vertragen. Auf der abstrakt gehaltenen BĂŒhne, vom Regisseur selbst entworfen, zeigt ein trichterförmiges Loch nicht nur den Kerker des Propheten Jochanaan, sondern ist auch vieldeutiges Symbol fĂŒr die AbgrĂŒnde, die sich hier auftun. In diesem eindrucksvollen BĂŒhnenbild zeigt Dijkema das Geschehen als Kammerspiel.

Salome ist ein heranwachsendes MĂ€dchen, die ihre erotisierende Ausstrahlung auf Stiefvater Herodes (exzellent mit schneidendem Charaktertenor: Michael Hendrick) und den gesamten Hofstaat nicht nur im Schleiertanz gezielt einsetzt. Angesichts dieser dekadenten, von der Regie allerdings unnötig stark karikierten Gesellschaft (mit unangenehm klischeehaft streitendem Judenquintett) ist ihre Faszination fĂŒr den zornigen Propheten Jochanaan verstĂ€ndlich, zumal er von Thomas Gazheli grandios mit jugendlicher Wucht gesungen wird. Dass ausgerechnet der sich der erwachsenden SexualitĂ€t Salomes widersetzt, fĂŒhrt in die Katastrophe: Eine tiefschwarze “Coming-of-Age”-Tragödie eines heranwachsenden MĂ€dchens, das TĂ€terin und Opfer zugleich ist. Eine zeitlose Geschichte also, und so mischen die KostĂŒme (Tatjana Ivschina) antike und moderne Uniform, was unfreiwillig komisch aussieht.

Die zierliche, extrem jung wirkende Christina Baggio ist eine beeindruckende Darstellerin fĂŒr die Salome, auch wenn die mörderische Partie fĂŒr die recht lyrische Stimme doch (noch) etwas groß ist. Die Italienerin hat ein aufregendes Timbre, die Gestaltung ist, trotz hinreißender Momente, ein wenig unausgeglichen, die TextverstĂ€ndlichkeit leider miserabel. FĂŒr die Regie ist sie mit ihrem engagierten Spiel ein GlĂŒcksfall.

Herodias wird von Dubravka MuĆĄovic kraftvoll, aber eindimensional laut gesungen, der unglĂŒcklich in Salome verliebte Hauptmann Narraboth von Emilio Pons solide, aber mit arg viel tenoralen Schluchzern gestaltet. In den kleineren Partien gibt es neben ordentlichen Gesangsleistungen leider auch TotalausfĂ€lle.

Alles in allem aber gelingt den Wuppertaler BĂŒhnen eine beachtliche “Salome”.

http://www.wuppertaler-rundschau.de/kultur/erwachende-sexualitaet-die-ueber-leichen-geht-aid-1.5037536

Stefan Schmöe

Wuppertaler Rundschau

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